„Wütend wälzt sich eins im Bette...“

Dieser Cantus besingt Friedrich IV. von der Pfalz (* 5. März 1574 in Amberg; † 19. September 1610 in Heidelberg), der Kurfürst von der Pfalz von 1583 bis 1610 war.

Friedrich soll im Übermaß Wein konsumiert haben, ein Trinker gewesen sein, was Zeitgenossen zu der Sorgen veranlasste, er könne vor der Zeit und ohne volljährigen Erben versterben. Sein Gesundheitszustand war infolge seines ausschweifenden Lebens und seiner Trinkfreudigkeit bald angeschlagen und wohl nach einer 1606 zugezogenen Alkoholvergiftung nachhaltig zerrüttet.

Friedrich war ein fleißiger Tagebuch-Schreiber, wie sein Tagebuch der Jahre 1596 - 1599 (siehe rechts) belegt. Täglich wurde eine Eintragung vorgenommen. Seine - vor allem späten - Tagebücher sind voller Notizen, wann er „wieder vol gewest" war.

Friedrich starb 1610 „an seinem ausschweifenden Lebenswandel“ in Heidelberg, wo er in der Heiliggeistkirche begraben wurde.
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Einträge vom 1. - 4. January 1598 aus dem Tagebuch
Friedrichs IV., Kurfürst von der Pfalz,
(
Digitales Archiv der Uni Heidelberg)

Beim diesem Cantus gibt es - wird er im Inofficium - gesungen, eine Besonderheit:

Das „zu Grabe tragen"
Während der 4. Strophe erheben sich 4 Burschen ab pedale und schreiten langsam gen Präsidium.
Zu Beginn der 5. Strophe heben sie den X und tragen ihn „zu Grabe“ - auch wenn dieser sich wehren sollte.
Auf einigen Verbindungshäusern im RVC endet dieser „Trauerzug“ unter dem Zapfhahn,
welcher - pünktlich zu den Worten „Seit vernünftig, liebe Leut...“ geöffnet wird.
Zu den Worten „Heute wieder voll gewest.“ wird der X behutsam abgesetzt.

Die 5. Strophe wird - im Unterschied zu den anderen - nach der Melodie „Guter Mond Du gehst so stille...“ getragen gesunden.

Singen mit verteilten Rollen
Dieser beliebte Cantus wird im Inofficium auch gerne mit verteilten Rollen gesungen.
Der X fragt in der Corona nach Freiwilligen für folgende Rollen (oder er bestimmt sie einfach):

Solist 1: Kurfürst
Solist 2: Kammermohr
Alles andere singt die Corona gemeinsam.

Sind die entsprechenden Rollen an der Reihe, erhebt sich der Solist ad pedale.
Die Corona hält dabei striktes Silentium und stimmt beim 2. Refrain urgewaltig ein.

1.
Wütend wälzt sich einst im Bette
Kurfürst Friedrich von der Pfalz;
Gegen alle Etikette
Brüllte er aus vollem Hals:
|: Wie kam gestern ich ins Nest?
Bin scheint's wieder voll gewest! :|

2.
Na, ein wenig schief geladen,
Grinste drauf der Kammermohr,
Selbst von Mainz des Bischofs Gnaden
Kamen mir benebelt vor,
|: War halt doch ein schönes Fest:
Alles wieder voll gewest! :|

3.
So? Du findest das zum Lachen?
Sklavenseele, lache nur!
Künftig werd ich's anders machen,
Hassan, höre meinen Schwur:
|: 's letzte Mal, bei Tod und Pest,
War es, daß ich voll gewest! :|

4.
Will ein christlich Leben führen,
Ganz mich der Beschauung weihn;
Um mein Tun zu kontrollieren,
Trag ich's in mein Tagbuch ein,
|: Und ich hoff, daß ihr nicht lest,
Daß ich wieder voll gewest! :|


5.
Als der Kurfürst kam zu sterben,
Machte er sein Testament,
Und es fanden seine Erben
Auch ein Buch in Pergament.
Drinnen stand auf jeder Seit:
Seid vernünftig, liebe Leut,
Dieses geb ich zu Attest:
Heute wieder voll gewest.


6.
Hieraus mag nun jeder sehen,
Was ein guter Vorsatz nützt,
Und wozu auch widerstehen,
Wenn der volle Becher blitzt?
|: Drum stoßt an! Probatum est:
Heute wieder voll gewest! :|

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