Die Geschichte der Hochschule der Medien


von Jürgen BB Mauser v/o Jenever, Januar 2020

1853 - 1949


Von der Fachschule für das Buchdruckgewerbe zur
Höheren Fachschule für das Graphische Gewerbe
Im Jahr 1853 waren die Gemeinden des Landes Württemberg von Seiten der Regierung, vornehmlich auf Betreiben des späteren Präsidenten der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, Dr. Ferdinand von Steinbeis (1807 bis 1893), zur Errichtung erweiterter Gewerblicher Fortbildungsschulen aufgefordert worden.

Am 19. Dezember 1853 erließ die zur Förderung dieser Schulen gebildete „Königliche Kommission für die Gewerblichen Fortbildungsschulen“ eine Bekanntmachung, nach welcher mit Anfang des Jahres 1854 in Stuttgart neben der bereits bestehenden Sonntags-Gewerbeschule noch eine erweiterte Gewerbliche Fortbildungsschule eröffnet werden sollte für diejenigen Gewerbelehrlinge, welche das Bedürfnis fühlen und in der Lage sind, für ihre gewerbliche Ausbildung mehr zu tun, als in den wenigen für die Sonntags-Gewerbeschule bestimmten Stunden möglich ist.

1881 wird in Stuttgart der Graphische Klub als „Gemeinschaft zur Förderung der Drucktechnik und Buchkultur" gegründet. Die Initiatoren des Klubs hatten die Idee, Fachleute des graphischen Gewerbes zusammenzuführen, um ein Forum zu bilden. Man traf sich regelmäßig zu Veranstaltungen, Lesungen und Weiterbildungskursen. Die positiven Auswirkungen ließen nicht lange auf sich warten. Bereits in den Achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts sprach man von der sogenannten „Stuttgarter Richtung“, die sich der besonderen Pflege und Entwicklung des Akzidenzsatzes verschrieb. Er existiert bis heute als Graphischer Klub Stuttgart e.V. und ist zusammen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg sowie dem Industrieverband Druck und Medien Baden-Württemberg Veranstalter des „GREGOR CALENDAR AWARD", der aus der jährlichen Kalenderschau des Graphische Klub hervorging.

Anfang 1902 beschlossen der Verein der Stuttgarter Druckereibesitzer, der Stuttgarter Faktorenverein und eben der Graphische Klub Stuttgart, eine Fachschule für das Buchdruckgewerbe ins Leben zu rufen. Dies erfolgt 1903. Diese sollte dem Nachwuchs des Gewerbes eine theoretische und praktische Ausbildung zuteil werden lassen, die den Ansprüchen an die Buchdruckerkunst mehr als bisher entspreche. Interessant dabei ist, dass alle Fachlehrer aus den Mitgliedern des Graphischen Klubs hervorgingen.

Die Fachschule für Buchdruckgewerbe Stuttgart und die Städtische Gewerbeschule Stuttgart bilden beide Fachkräfte im Buchdruck aus. Auf Initiative von Kommerzialrat Felix Krais und mit persönlicher Unterstützung des württembergischen Königs, verschiedener Ministerien, der Stadt Stuttgart und vieler Firmen gelang es bereits nach anderthalb Jahren, am 04. Oktober 1903, die Fachschule für das Buchdruckgewerbe dem Betrieb zu übergeben.

Der Landtag beschloß dann 1928 die Einrichtung einer Höheren Fachschule für das Graphische Gewerbe. Sie bietet gehobene Fortbildungs- und Vorbereitungskurse zur Meisterprüfung an.

1933 wurde der Graphische Klub Stuttgart gezwungen, dem Graphischen Bund beizutreten. Alle Vereine und Vereinigungen wurden aufgelöst.

1949 erweckten einige Unentwegte, darunter Karl Schwend, Hans Mayer, Emil Mundinger – der Dozent und Direktor an der Höheren Fachschule für das Graphische Gewerbe war und 1956 auch in die T.V. Grafia eintrat und 1993 zum EAH ernannt wurde – und Walter Kretzschmar, den Graphischen Klub als Bildungseinrichtung und kulturelle Anlaufstelle zu neuem Leben.

1953 - 1974


Von der Höhere Fachschule für das Graphische Gewerbe zur
Fachhochschule für Druck Stuttgart (FHD)
An der Höhere Fachschule für das Graphische Gewerbe Stuttgart wird ab dem Sommersemester 1953 zum ersten Mal ein Vollstudium in der berühmten Seidenstraße in der Stuttgarter Innenstatt angeboten. Die Lehrinhalte werden wie folgt beschrieben: „Technisches Praktikum in neuen, gut eingerichteten Werkstätten. Gestaltung, Fach- und Materialkunde, Betriebswirtschaftslehre, Werbewesen, Rechts- und Sozialkunde u.a.“ Nach zwei Semestern kann eine Meisterprüfung abgelegt, nach vier Semestern ein Abschluss mit Diplomprüfung erlangt werden.

1963 wird die Höhere Fachschule selbstständig und erhält Ingenieurschulstatus. Daraufhin wird die Meisterschule von der Höheren Fachschule abgekoppelt und in eine einjährige Vollzeitschule der Berufsschule umgewandelt.

Die Ausbildungsstätte wird 1967 in Staatliche Ingenieurschule für Wirtschafts- und Betriebstechnik der graphischen Industrie umbenannt, ab 1970 wird sie zur Staatlichen Ingenieurschule für Druck. Die Ausbildungsinhalte des Studiengangs Drucktechnik (DT) werden um Themen wie BWL, Management oder Psychologie sowie 1971 um die Ausbildung in Verpackungstechnik (VT) ergänzt.

1972 wird die Fachhochschule für Druck, kurz FHD, als Nachfolgerin der Staatlichen Ingenieurschule für Druck gegründet, die zum Wintersemester 1973/74 um den Fachbereich Farbe/Chemie (FC) erweitert wird.

1976 - 2020


Von der Fachhochschule für Druck zur
Hochschule der Medien (HdM)
Die Fachhochschule für Druck zieht 1976 aus der Innenstadt auf das Universitätsgelände nach Stuttgart-Vaihingen in die Nobelstraße.

In den folgenden Jahren wächst die FHD um zahlreiche Fachbereiche. 1977 werden die Studiengänge Verlagswirtschaft und Verlagsherstellung (VV), Werbewirtschaft und Werbetechnik (WW) sowie Wirtschaftsingenieurwesen Druck (WD) werden eingerichtet, 1979 folgt der Studiengang Medientechnik (MT).

Die Zahl der Studenten wächst mit den neuen Fachbereichen stetig weiter, sodaß 1995 ein erster Erweiterungsbau entsteht. Mit dem Spatenstich für den Erweiterungsbau beginnt auch die Neuorientierung der Fachhochschule in Richtung ergänzende Studiengänge für den gesamten Wirtschaftszweig Medien. Die Erweiterung wird 1998 eingeweiht.

Seit Februar 1990 steht der berühmt-berüchtigte „Pavillon", ein als „Provisorium bis zum zweiten Erweiterungsbau" errichteter Leichtbau auf dem südlichen Teil des Hochschulgeländes in der Nobelstraße in Vaihingen. Dort sind ein Fotostudio, Büros und mehrere Hörsäle untergebracht. Der 600 Quadratmeter-Bau stand zuvor in der Stuttgarter Stadtmitte beim Haus der Wirtschaft. Er war nur als kurzfristiges Provisorium konzipiert.

Die Studiengänge Medieninformatik und Medienwirtschaft sowie der Studienschwerpunkt Mediengestaltung werden 1997 eingerichtet. Damit entwickelt sich die FHD weiter in Richtung der (digitalen) Medien. Die Fachhochschule wird konsequenterweise in Fachhochschule Stuttgart - Hochschule für Druck und Medien, kurz HDM (man beachte: alle Buchstaben in Versalien) umbenannt. 1998 wird der entsprechende Erweiterungsbau in der Nobelstraße nach dreijähriger Bauzeit eingeweiht.

1999 beginnt die Internationalisierung der Hochschule. Sie richtet in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Xi`an (VR China) den deutsch-chinesischen Studiengang Drucktechnik ein.

Am 29. Juni 2000 verabschiedet der baden-württembergische Landtag das Gesetz zur Errichtung der Hochschule der Medien, kurz HdM (jetzt mit kleinem „d"), die am 1. September 2001 aus der Fusion der Hochschule für Druck und Medien (gegründet 1903) und der Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen (gegründet 1942) entsteht.

Mit der Umsetzung der im „Bologna-Prozesses" beschlossenen europaweite Vereinheitlichung von Studiengängen und -abschlüssen werden ebenfalls im Jahr 2001 die Abschlüssen in der Form von Bachelor und Master auch an der HdM umgesetzt. Damit endet die Ära der „klassischen Druckingenieure" mit Abschluss als „Dipl-Ing. (FH)", die 1953 begannt.

2003 feiert die Hochschule der Medien „100 Jahre Medien - Bildung mit Zukunft" mit Bezug auf die Gründung der Fachschule für das Buchdruckgewerbe im Jahr 1903.

Im Sommersemester 2008 studieren rund 3.000 Studenten in 21 akkreditierte Bachelor- und Master-Studiengänge an der Hochschule der Medien, damals noch an den Standorten Nobelstraße (Druck und Medien) sowie Wolframstraße (Information und Kommunikation).

Die Zahl der Studenten und Studiengänge wächst kontinuierlich weiter. Das „alte" Hochschul-Gebäude platzt förmlich aus allen Nähten und die beiden Standorte sollen in Vaihingen zusammengeführt werden. Im November 2011 erfolgt daher der Baustart für einen – später aufgrund seiner Gestaltung „Zitronenschnitz“ genannten – Neubau mit rund 4.500 m² Fläche. Das Gebäude wird im September 2014 fertiggestellt. Neben zahlreichen Hörsälen zieht vor allem die neue Hochschulbibliothek in den „Zitronenschnitz“.

Im Oktober 2016 wird der lange ersehnte Erweiterungsbau Süd, auch „Würfel“ genannt, als Büro- und Hörsaalbau eingeweiht. Der Pavillon hätte nun eigentlich ausgedient und wird nach über 25 Jahren abgerissen.

Zum Wintersemester 2018/19 war der Bereich „Wirtschaft mit Bezug zu elektronischen digitalen Medien” der beliebteste Studienbereich an der HdM; für ihn hatten sich 33 % der Studierenden entschieden. Es folgen die Bereiche „Audiovisuelle Medien und Gestaltung" (19 %), „Werbung und Journalismus" (15 %), „Medieninformatik und mobile Medien" (14 %), „Druck" und „Verlag" (je 7 %) sowie „Bibliothek" und „Verpackung" (je 6 %).

Im Sommersemester 2020 studieren rund 5.000 Studenten in 30 akkreditierte Bachelor- und Master-Studiengänge an der Hochschule der Medien. Den Gründungsstudiengang „Druckereitechnik" gibt es heute nur noch in Form des englisch-sprachigen Studiums „PRINT MEDIA ENGINEERING" (PMT) mit Abschluss als Bachelor of Engineering.
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Foto: Hochschule der Medien Stuttgart



Die Entwicklung der Hochschule der Medien HdM seit 1853

1853
Gründung der
gewerblichen Fortbildungsschulen
im Lande Württemberg
1881
Gründung des Graphische Klub Stuttgart als „Gemeinschaft zur Förderung der Drucktechnik und Buchkultur"
1903
Gründung der
Fachschule für das Buchdruckgewerbe
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Greif nach Jakob Bass, Direktor der Gewerbeschule Torstaße
1953
Gründung der
Höhere Fachschule für das Graphische Gewerbe Stuttgart
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Signet Höhere Fachschule der Seidenstraße 43 von 1954
1972
Gründung der
Fachhochschule für Druck Stuttgart
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1997
Erweiterung zur
Fachhochschule Stuttgart
Hochschule für Druck und Medien
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2001
Erweiterung zur
Hochschule der Medien - HdM
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2003
Festjahr zu
„100 Jahre Medien -
Bildung mit Zukunft"
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